Zum Beruf des Technikers
Aus der Geschichte
Das Handwerk: Bereits zur Zeit der Pharaonen standen jene Handwerker in hohen Ehren, die auserwählt waren, die ewigen Wohnstätten im Tal der Könige zu errichten. In diese Gemeinschaft der Handwerker in Deir-el-Medineh (die „Stätte der Wahrheit“), die der Göttin Maat dienten und unter dem Schutz der Göttin Hathor standen, konnte man nur aufgenommen werden, wenn man ein „Sedjem asch“ war = altägypt.: „Der, der den Ruf vernommen hat!“ (4)
In späteren Zeiten, im Mittelalter, gibt es dann bei uns in Europa schon klare Anzeichen eines geordneten Handwerkswesens. Zahlreiche Urkunden und Dokumente belegen den frühen Bestand unsere Zünfte. Sie zeugen von der Bedeutung und vom hohen Standesbewußtsein des Handwerks im Alltagsleben.
Zum Berufsbild des Handwerkers gehört seit seinen Ursprüngen auch eine bestimmte Standesehre. Werte wie Aufrichtigkeit, Können, Fleiß, Verläßlichkeit und Augenmaß galten für die Aufnahme in die Zünfte als Voraussetzung.
Gegenwart und Zukunft: der Ingenieur
Ingenieur: Abgeleitet aus dem lateinischen „ingeniosus“: scharfsinnig;
daraus: „ingeniös“: erfinderisch, sinnreich, geschickt, alles durchschnittliche und konventionelle missachtend.
Spätlateinisch „Genius“: Schutzgeist, feuriger Schöpfergeist;
und „Ingenium“: Erfindungskraft, Geistesanlage, Genie, Schöpferkraft – aus dem lateinischen: „Naturanlage“, „Begabung“ … auch „Ingenuität“: Freimut, Offenheit, Aufrichtigkeit – aus dem lat. „Ingenuitas“: „Stand der Freigeborenen“, Edelmut“. (5)
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Die Bewußtseinslage des Technikers und des Musikinstrumentenbauers: (3)
„In dem Gedanken, der im hellen Bewusstsein erscheint, liegt ein Inhalt, reicher, farbenvoller, als in allen instinktiven, unbewußten Elementen.“
„Die Denker sind nicht kältere, nüchternere Naturen als die mystischen Schwärmer. Sie sind nur tapferer, stärker. Sie haben den Mut, bei hellem Tageslicht dem Welträtsel sich gegenüberzustellen.“
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Der Ehrenkodex des Ingenieurs:
Die Verantwortung des Ingenieurs oder
Technik als ethische und kulturelle Aufgabe: (1)
- Wo immer der einzelne auch stehen mag, wir alle sind von der Erkenntnis tief durchdrungen, daß Technik nie etwas anderes sein darf als eine ethische und kulturelle Aufgabe, für deren Erfüllung insbesondere jeder Ingenieur verantwortlich ist.
- Die sittliche und humanitäre Verantwortung jedes Menschen ist der übergeordnete Wert, der auch alles Technische umschließen und in der Technik als Kulturschöpferin und Kulturträgerin Widerhall finden muß.
- Bei dieser Auffassung kann künftig der Vorwurf nicht mehr erhoben werden, dass die Technik als solche für die weithin beobachtbare Zerstörung äußerer und innerer Werte verantwortlich zu machen sei.
- In der schöpferischen Arbeit des Ingenieurs offenbart sich nicht minder als in den Werken der Dichter der göttliche Funke der Idee, dem Ehrfurcht gebührt.
- Es sind kulturfeindliche, nicht der Technik immanente Kräfte, die sie missbrauchen.
- Der asoziale Missbrauch der Technik und aller ihrer Dienste und Möglichkeiten muß von jedem und mit allen Mitteln verhindert werden. Für alle Ingenieure der Welt muß es ein vordringliches Anliegen sein, hierzu geeignete Wege zu finden.
- Sicher ist, dass ein tief fundiertes Bildungsideal als Grundlage für die Jugend bereits wirksam sein muß, bevor sich der junge Mensch für den Ingenieurberuf entscheidet.
- Die Erfüllung dieser Forderung und die ständige Hinleitung auf die ethischen und kulturellen Verpflichtungen während der Ausbildung zum Ingenieur sind das Erziehungsziel.
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„Gründer und Leiter von Staaten und Städten, Gesetzgeber, Befreier von Tyrannengewalt, Väter ihres Volkes und andere hervorragende Personen der staatlichen Arbeit werden mit Titeln und Würden von Halbgöttern geehrt, hingegen werden Ingenieure und Urheber neuer Künste und Fähigkeiten und für die Menschen nützlicher Dinge gleich den Göttern heiliggesprochen.“ (2)
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Quellenhinweise:
(1) Resolution des Internationalen Kongresses für Ingenieurausbildung.
„Darmstädter Gespräche 1947“
(2) aus der „NOVA ATLANTIS“ von Francis Bacon (Baco von Verulam), 1627
(3) Dr. Rudolf Steiner; aus: „Von der modernen Seele“, Goetheanum 48/1929
(4) Christian Jacq: „La Pierre de Lumière. Néfer le Silencieux“, XO Editions, Paris, 2000
(5) Wahrig: Deutsches Wörterbuch
Weitere wichtigste Literatur:
Tarthang Tulku: „Raum, Zeit und Erkenntnis“, Scherz-Verlag 1983
Tarthang Tulku: „Geschicktes Wirken – Arbeit erfolgreich meistern“, Dharma Publishing, 1994
Tarthang Tulku: „Dynamik von Zeit und Raum – Wege zur Öffnung der Grenzen von Erkenntnis“, Dharma Publishing, 1999
Gennadij A. Bondarew: „Die Philosophie der Freiheit von Rudolf Steiner als Grundlage der Logik des anschauenden Denke